Clemenskirche

Fürstbischof Clemens August von Bayern (1700-1761) stellte die Hospitalkirche seiner Stiftung unter den Schutz seines Namenspatrons, des hl. Clemens. Clemens I. (ca. 50-97) war als Bischof von Rom wahrscheinlich der dritte Papst. Der Legende nach soll er unter Trajan  wegen seiner Standhaftigkeit im Glauben mit einem Anker um den Hals ins Meer gestoßen worden sein. Andere Quellen berichten davon, dass er als Märtyrer auf der Krim starb. Der Name „der Mildtätige“ passt auch zu der Vereinigung der „Barmherzigen Brüder“, denen Clemens August die Führung des Hospitals übergeben hatte.

clemenskirche-grundriss
1. Ziborium über dem Tabernakel des Hauptaltars
2. Darstellung des Martyriums des hl. Clemens über dem Hauptaltar(Giovanni Battista Pittoni)
3. Darstellung des himmlischen Reiches in der Kuppel (Johannes Adam Schöpf, 1750)
4. Bildnis der Vision des Johannes de Deo (Carlo Carlone) in der rechten Altarnische
5. Orgelprospekt und Figurenkomposition in der rechten Altarnische
6. Bildnis der Verkündigung Mariens (Carlo Carlone) in der linken Altarnische
7. Barocke Kanzel in der linken Altarnische

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Baugeschichte

1745: Grundsteinlegung des Kirchbaus und der Hospizgebäude
1753: Weihe der Kirche
1818: Ausweisung der „Barmherzigen Brüder“ und Übergabe des zur Kirche gehörigen Hospitals an die „Barmherzigen Schwestern“
1943: Zerstörung Hospitalgebäude
1944: Zerstörung der Kirche
1956-1974: Wiederaufbau der Kirche ohne zugehöriges Hospitalgebäude

Clemens August von Bayern wurde 1719 zum Fürstbischof von Münster und Paderborn gewählt. 1732 erfolgte die Ankündigung der Stiftung eines Hospitals mit einem Kloster und einer Kirche an das Domkapitel. Clemens August beauftragte Conrad Schlaun (1695-1773) mit der Planung einer Anlage an anderer Stelle, wobei ursprünglich Hospital und Kirche als Teil einer Schlossanlage gedacht waren. Das Hospital sollte von der Gemeinschaft der „Barmherzigen Brüder“ übernommen werden, welche sich in besonderer Weise der Krankenpflege verschrieben hatten. Die ersten Planungen Schlauns gelangten jedoch nicht zur Umsetzung.

1744 wurde für den Bau einer Hospitalanlage mit integrierter Kirche ein Grundstück an der Loerstraße, dem heutigen Standort der Clemenskirche, bereit gestellt. 1745 begann Conrad Schlaun mit den Entwürfen der Gesamtanlage, wobei er die Kirche in einen Winkel der Vierflügelanlage von Kloster und Hospital einfügte, sodass die Gebäude direkt mit der Kirche verbunden waren. Die Grundsteinlegung erfolgte am 30. Juni 1745. Geweiht wurde die Kirche am 14. Oktober 1753. Im Rahmen der Säkularisation musste die Gemeinschaft der „Barmherzigen Brüder“ bis 1818 die Stadt Münster verlassen haben. Die kirchlichen Gerätschaften wurden versteigert, die Krankenpflege in dem nun städtischen Hospital wurde von den „Barmherzigen Schwestern“ übernommen.

Im Oktober 1943 wurden bei einem Bombenangriff die Hospitalgebäude zerstört, die auch nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut wurden. Am 30. September 1944 wurde die Clemenskirche durch einen Bombentreffer völlig zerstört. Nur die Umfassungsmauern waren stehen geblieben.

In den Jahren 1956-1974 wurde die Kirche auf der Grundlage der alten Pläne und vorhandener Fotografien wieder aufgebaut. Leider ist sie nicht mehr eingebunden in die alte Barockanlage. Im Rücken der Kirche lädt ein kleiner Barockgarten dazu ein,  einige Zeit dem städtischen Getriebe zu entgehen.

Außenansicht

clemenskirche-aussenDem Betrachter bietet sich eine freistehende Rundkirche aus rotem Ziegelstein dar, deren Kuppeldach von einer sehr hoch gezogenen Laterne gekrönt ist. Keine der auf die Clemenskirche zulaufenden Straßen führt auf die Mittelachse der Schaufassade zu, die einem kleinen Platz gegenüberliegt, der durch das Zusammentreffen der Straßen entsteht.

Die geschwungene Fassade zeigt sich dreiteilig. An die konvexe Mittelfläche mit dem Portal schließen sich seitlich zwei konkav geschwungene Flächen mit jeweils einer Figurennische an. Die beiden Risalitflächen mit den großen Fenstern ohne Rahmung schufen den Übergang zwischen Schaufassade und den direkt an die Kirche angebauten Hospitalgebäuden. Gegliedert wird die Fassade durch flache Pilaster, die ein durch das hochgezogene Mittelfeld unterbrochenes Gebälk tragen, auf dem ein abgerundeter Dreiecksgiebel ruht. Dessen beide Ecken sind in der Breite der Pilaster vorgezogen und bilden somit mit diesen eine optische Einheit .
Die Mittelfläche führt mit ihrer aufstrebenden Blickführung zu einer vertikalen Gliederung der Schauseite der Clemenskirche. Vom Portal mit der Inschrift wird der Blick über ein ovales Fenster zur Wappenkartusche mit Kreuz geführt. Darüber erhebt sich das gerahmte Mansardfenster, welches überleitet zu der von sechs großen Fenstern durchbrochenen Laterne, die überhöht ist durch das abschließende Kreuz, dem eigentlichen Kern des Kirch­baus.

Diese vertikale Blickführung wiederholt sich im Innern der Kirche bei der dem Eingang gegenüberliegenden Hochaltarnische. Hier geht der Blick von dem Hochaltar über ein Gemälde mit der Darstellung des Martyriums des hl. Clemens und dessen Entrückung umgeben von Engeln, die über das Gebälk hinausragt, in die Kuppel mit der Darstellung der ewigen himmlischen Herrlichkeit.

In der linken der beiden Figurennischen befindet sich eine Darstellung des Johannes de Deo mit der Dornenkrone und dem Kind. Diese Bildkomposition weist auf die enge mystische Verbindung des Heiligen mit der Gottesmutter Maria hin, welche ihm in einer ekstatischen Vision die Dornenkrone aufgesetzt haben soll und die ihm ein hilfsbedürftiges Kind zugeführt haben soll, um ihn durch dieses Zeichen zum Dienst an den Kranken und Hilflosen zu bewegen.

Johannes de Deo gilt als Gründer des Ordens der „Barmherzigen Brüder“, die 1571 von Papst Pius V. als Orden anerkannt wurden. Die Figur des hl. Augustinus in der rechten Nische erinnert daran, dass die „Barmherzigen Brüder“ dessen Ordensregeln angenommen hatten.

Innenansicht

Engelgruppe über dem Hochaltar

Engelgruppe über dem Hochaltar

Der Besucher betritt die Clemenskirche durch eine der drei Apsiden. Ihm öffnet sich eine Rundkirche mit einer gleichmäßigen Abfolge von drei Apsiden und drei Flachnischen, wobei der Apsis mit dem Eingangsportal der Hauptaltar in einer Flachnische gegenüberliegt. Das Rund des Kirchenraumes ist geprägt durch eine einheitliche Anordnung flacher Pilaster in einer hellen Rosatönung mit davon abgesetzten grauen Kapitellen, auf denen das massive, die Kuppel tragende Gebälk ruht.

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Die Hauptaltarnische wird besonders hervorgehoben durch vier lapislazuliblaue Säulen. Die beiden äußeren Säulen verbinden sich mit den Eckpilastern der Altarnische. Über den vier Säulen ist das Gebälk in Form eines Risalits vorgezogen, über welches sich die Segmente eines Rundbogens erheben. Säulen und Pilaster heben sich in ihrer Farbgebung als Raumgliederung von den sonstigen Grautönen ab. Die Lichtquellen des sehr hell ausgeleuchteten Kirchenraumes werden vom Betrachter kaum wahrgenommen. Zwei große Fenster in den hinteren Flachnischen, fünf Lichtschächte in der Kuppelkalotte und die sechs Fenster in der hochgezogenen Laterne leuchten nicht nur den Hauptraum der Kirche aus, sondern spenden auch ausreichend Licht für den Hauptaltar und die beiden halbrunden seitlichen Altarnischen.

Ausstattung

Orgelprospekt der rechten Altarnische

Orgelprospekt der rechten Altarnische

Über dem von Schlaun entworfenen Tabernakel des Hauptaltars erhebt sich das Ziborium, welches angelehnt ist an den Baldachin von Bernini über dem Petrusgrab in Rom. Das Bild über dem Altar, von dem Venezianer Giovanni Battista Pittoni (1687-1767) geschaffen, zeigt die Szene des Martyriums des hl. Clemens, der für die Standhaftigkeit im Glauben die Todesstrafe des Ertränkens erleidet.

Der Blick des hl. Clemens ist zum Himmel gerichtet, aus dem ihm die Siegespalme entgegengereicht wird. Die Szene findet ihre Fortsetzung in dem Entschwinden des Heiligen in einer Wolke und umgeben von Engeln über das Gebälk hinaus in das himmlische Reich, welches in der Kuppel von Johann Adam Schöpf dargestellt und mit der Signatur „Schöpf pinxit Ao 1750“ versehen ist.

Die Wandfläche zu beiden Seiten des Ölgemäldes wird gebildet durch einen Wandbehang aus Stuck, der von Engeln um die Säulen herumgezogen wird und so wie ein aufgezogener Vorhang wirkt, der die Szene des Bildes freigibt. Kleiner und schlichter gehalten sind die Altäre der seitlichen Altarnischen. Die Bilder in den beiden Nischen wurden ausgeführt von Carlo Carlone (1686-1775).

Das Bild der rechten Altarnische ist Johannes de Deo gewidmet und zeigt die Vision, in welcher der Ordensgründer von Maria die Dornenkrone überreicht bekommt. Neben dem Orgelprospekt über dem Bild finden sich die Figuren David mit der Harfe und die hl. Cäcilia, beide symbolhafte Verkörperungen der geistlichen Musik.
Auf den Sockeln neben den Säulen sind Johannes der Täufer und Johannes von Nepomuk postiert. Beide wurden Opfer der willkürlichen Gewalt eines Herrschers. Die linke Altarnische ist gestaltet mit einem Bild der Verkündigung Mariens. Bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg konnte dieses Bild hochgezogen werden und gab den Blick frei auf eine Nachbildung der „casa sancta“ von Loreto, des Hauses, in dem  der Legende nach die Verkündigung erfolgt sein soll.

Während über dem Säulengebälk Simeon und Hanna, beide mit prophetischen Gaben ausgestattet, dargestellt sind, findet sich neben den Säulen das Elternpaar Marias, Joachim und Anna.

Farblich in die Kirche eingepasst ist die üppig gestaltete barocke Kanzel, auf deren Baldachin sich in schwungvoller Bewegung ein Engel mit einer Posaune erhebt. Den Bögen der Altarnischen folgend trennt eine hölzerne Kommunionbank diese von dem Kirchenraum ab.